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puhin.jpg (200×100)AUSAGABE #5 Jaenner 2010


Dezember 2007, Bahnhof Zuerich. Lichtermeer, Weihnachtsmusik, Menschenstroeme, dazwischen riesige Plakate der Caritas Schweiz. Kindergesichter sind darauf abgebildet, dunkle Haut, grosse Augen und darunter der Satz: HUNGER TOETET.
UEBERFLUSS AUCH. Schiesst es mir augenblicklich in den Kopf.

WELCHEN TOD STERBEN WIR IM UEBERFLUSS? WAS UEBERFLUTEN WIR? WORAN MANGELT ES?

Jeder Mensch hat Beduerfnisse. Diese Beduerfnisse kann man in unterschiedliche Kategorien fassen. Der Mensch hat biologische Beduerfnisse nach Luft, Wasser, Nahrung, usw. Weiters hat er Schutzbeduerfnisse wie zum Beispiel nach Geborgenheit und Naehe. Er hat soziale Beduerfnisse wie jene nach Zugehoerigkeit, Gemeinschaft, Achtung und Ansehen. Der Mensch hat auch das angeborene Beduerfnis nach einer sinnvollen Taetigkeit und nach Selbstverwirklichung (vgl. Beduerfnispyramide nach Abraham Maslow).

Betrachten wir diese Palette an menschlichen Beduerfnissen wird klar, dass der Mensch ein vielseitiges und vielschichtiges Lebewesen ist. Die rein materielle Befriedigung der biologischen Grundbeduerfnisse stellt zwar die Vorraussetzung fuer das menschliche Ueberleben dar, genuegt aber nicht zum Leben selbst. Studien an Babies zeigen dies sehr deutlich: Babies die nur ernaehrt wurden, jedoch keine andere Art von Beachtung erhielten starben innerhalb kurzer Zeit (vgl. Bauer: Prinzip Menschlichkeit). Das gleiche gilt fuer ausgewachsene Menschen. Der physische Tod tritt spaeter ein, da sie kraeftiger sind, doch innerlich sterben auch sie bei zu geringer Beachtung.
Stillen wir unsere Beduerfnisse nicht bleibt ein Gefuehl des Mangels in uns. Etwas fehlt. Jeder kennt z.B. die Empfindungen von Hunger oder von Durst. Wie aeussern sich die Maengel in anderen Bereichen, die nicht an biologische Grundbeduerfnisse gekoppelt sind? Erkennen wir sie? Wie stillen wir sie? Oder stopfen wir diese Loecher mit materiellen Guetern?
Nehmen wir an es ist so: du hast das Beduerfnis nach Beachtung, erkennst es nicht, weisst es nicht zu deuten und stillst diesen Mangel mit Nahrung. Du isst. Du hast ein Surrogat gefunden. Nur wird diese Ersatzbefriedugung nie ausreichen um dein eigentliches Beduerfnis nach Beachtung zu stillen. Du kannst dich noch so voll stopfen, der Mangel bleibt. Deine Not waechst. Du ueberflutest sie mit einem Surrogat und sie wird groesser. Mit der Zeit gibst du den Kampf auf, du betaeubst dich, (um diesen inneren Hunger nicht zu spueren) so sehr, dass du dich wie in einer Totenstarre befindest. Das Leben zieht an dir vorbei. Du frisst dich in den Tod.

Der Mensch muss anerkennen, dass er ein Wesen der Fuelle ist, er hat viele Seiten und somit auch viele Beduerfnisse. Es nicht genung nur materielle Beduerfnisse zu stillen. Es ist nicht gesund materielle Gueter zu verwenden um seelische, soziale und wesenseigene Beduerfnisse zu stillen. Es toetet den Menschen selbst und laesst ihn wie einen ausgehungerten Zombie herumlaufen getrieben vom Mangel und der Ueberflutung zugleich.
Das zu wenig und das zu viel an Materie kann den Menschen toeten. Einmal stirbt er einen physischen Tod, das andere Mal stirbt sein Wesen, da es nicht richtig genaehrt wird und gleichzeitig erstickt wird durch einen unnoetigen Ersatz.
HUNGER TOETET. UEBERFLUSS AUCH.